Read Meat Online

Authors: Joseph D'Lacey

Tags: #Fiction, #Horror, #Thrillers, #Suspense, #Science Fiction, #General, #General Fiction

Meat (34 page)

BOOK: Meat
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»Mr. Magnus, was geschehen ist, tut mir aufrichtig leid. Tatsächlich bin ich am Boden zerstört deshalb. Aber ich bin Techniker, kein Soldat. Ich kümmere mich darum, dass die Anlage über Nacht Strom liefert. Und morgens gebe ich diese Verantwortung ab. Ich bin weder in Sicherheitsmaßnahmen noch im Kampf geschult. Keiner meiner Männer ist bewaffnet. Das Gaswerk wurde noch niemals bedroht oder angegriffen, schließlich ist jeder in der Stadt darauf angewiesen. Niemand konnte dies kommen sehen. Und da es während meiner Nachtschicht passierte, war ich nicht im Geringsten ― noch könnte ich das jemals sein ― vorbereitet, auf eine derartige Situation zu reagieren.«

Magnus lächelte und nickte.

»Ich verstehe, Bernard. Jetzt ist es also mein beschissener Fehler, was?«

»Sir, das habe ich mit keinem Wort unterst...«

»Doch, das hast du verdammt noch mal getan. Du sagst, wenn ich besser vorbereitet gewesen wäre, wäre möglicherweise nichts von alledem passiert.«

Magnus erhob sich aus seinem Sessel.

»Mr. Magnus. Ich ...«

»Halt's Maul, du eitriges Stück Scheiße. Dein Job ist gerade in Flammen aufgegangen. Für immer.«

»Bitte, Mr. Magnus. Ich könnte doch zumindest helfen, mit d...«

»Bring ihn runter, Bruno. Die hintere Treppe.«

Brunos Hand legte sich schwer auf Bernards Schulter. »Soll ich Cleaver holen, Sir?«

»Nein, das sollst du nicht. Das hier werde ich selbst erledigen. Aber bring die restliche Belegschaft der Nachtschicht des Gaswerks nach unten. Ich möchte, dass sie begreifen, wie es inkompetenten Angestellten ergeht.«

 

Als sie das nächste Mal die Augen öffnete, tat sie es, um aus tiefem Schlaf und nicht aus der Finsternis einer Ohnmacht zurückzukehren. Sie erinnerte sich an alles. Zumindest hoffte sie es.

An der Tür ertönte ein leises Klopfen. Noch bevor sie »Herein« rufen konnte, betrat jemand den Raum. Er lächelte sie sorgenvoll an. Sie fragte sich, ob sie in seinem Blick auch Bedauern entdecken konnte.

»Wie fühlst du dich, Mary?«

»Besser.«

»Das sind gute Neuigkeiten. Der alte Quacksalber scheint tatsächlich so gut zu sein, wie er immer behauptet.«

Sie wollte nicht undankbar erscheinen, aber sie hielt den Doktor für unfähig und überflüssig. Ein irregeleiteter, alter Spinner. Sie machte sich inzwischen keine Illusionen mehr über ihre Situation.

»Bischof ... ich glaube, mir bleibt nicht mehr viel Zeit und ...«

»Unfug, Mary. Du kommst wieder in Ordnung.«

Seine Hände fühlten sich kräftig und warm an, als er die ihren ergriff. Sie waren wahrlich tröstend. Die Hände des Mannes, dem sie eigentlich so viel näher, so viel intimer hätte sein sollen, als sie es jetzt war.

»Ich sterbe. Sie wissen es, und Fellows weiß es genauso. Die einzige Frage, die sich mir jetzt noch stellt, ist die, wie lange ich noch zu leben habe.«

»Mary, bitte. Du solltest nicht so reden ...«

»Bischof, mein lieber Großbischof, Sie müssen mir jetzt
zuhören. Wenn Sie es nicht tun, habe ich vielleicht nie wieder die Gelegenheit zu sagen, was ich Ihnen sagen möchte, geschweige denn einen Sinn darin zu finden.«

Der Großbischof seufzte.

»Also gut. Erzähl es mir.«

»Sie erinnern sich an diese Angelegenheit, wegen der ich Sie besucht habe?«

»Aber natürlich.«

»Ich habe weiter nachgeforscht.«

»Und was hast du herausgefunden?«

»Nun, das ist das Problem. Offiziell nichts. Oder noch weniger als nichts.«

»Ich verstehe nicht.«

»Nein. Selbstverständlich nicht. Ich habe diese Akten überprüft, um herauszufinden, was damals geschehen ist. Was ich tatsächlich herausfand, ist, dass eine Akte, das Protokoll eines Vorgangs, spurlos verschwunden ist.«

»Wie lautet die Nummer des Vorgangs?«

»Ich weiß es nicht mehr. Je mehr Tage verstreichen, an desto weniger erinnere ich mich. Also müssen Sie sich für mich daran erinnern.«

Er drückte ihre Hand, und sie drückte seine.

»Das werde ich, Mary. Versprochen.«

»Ich weiß nicht einmal, ob es wirklich von Bedeutung ist. Und wenn es das ist, dann begreife ich nicht wirklich, warum. Aber Sie müssen erfahren, was ich weiß, und Sie müssen herausfinden, was es zu bedeuten hat. Ich hatte von Anfang an ein komisches Gefühl dabei. Irgendetwas stimmt mit ihm nicht.«

»Mit wem?«

»Richard Shanti.«

»Dem Eispickel.«

»Ja. Er ist nicht der, der er vorgibt zu sein.«

»Ich kann dir nicht ganz folgen.«

»Er ist kein Bürger Abyrnes.«

»Sein Status ist nicht berechtigt? Woher weißt du das?«

»Ich weiß nicht, woher ich es weiß. Da stimmt einfach etwas nicht mit ihm. Mit ihm und auch mit seinen Töchtern.«

»Einem solchen Mann den Status zu entziehen ... nun, dir muss klar sein, wie schlecht das für die Moral der Bürger sein würde.«

Sie nickte.

»Das ist es. Ich bin mir dessen voll und ganz bewusst. Aber ich habe diese grauenvolle Ahnung, Eure Heiligkeit. Von etwas Schrecklichem, das Abyrne und all seine Bürger heimsuchen wird. Was immer es ist, es hat mit Richard Shanti zu tun.«

Der Großbischof lehnte sich einige Augenblicke zurück. Offensichtlich versuchte er, eine Entscheidung zu treffen. Sie beobachtete ihn aufmerksam.

»Ich war mir nicht sicher, ob ich dich in deiner momentanen Verfassung damit behelligen soll. Nun, ich denke, du solltest es erfahren. Die Stadt hat keinen Strom mehr. Jemand hat das Gaswerk zerstört. Alle unsere Gasreserven sind dahin.«

»Vater im Himmel. Wer hat das getan?«

»Es kann nur John Collins gewesen sein. Selbst Magnus wäre nicht so wahnsinnig, einen derart selbstzerstörerischen Weg zu wählen, der Fürsorge den Krieg zu erklären. Obwohl, er scheint ebenfalls ...«

»Ebenfalls, was?«

»Nicht mehr Herr seiner selbst zu sein. Die Macht seiner Stellung hat ihn korrumpiert.«

Sie spürte, dass er ihr etwas verheimlichte. Aber sie wollte ihn nicht drängen.

»Was werdet ihr tun?«

»Nun, ich habe Magnus zwar nichts davon gesagt, aber gerade in diesem Augenblick durchsucht jeder verfügbare Pastor das verfallene Viertel nach Collins und seinem Unterschlupf. Wir müssen ihn vor Magnus finden. Und wir müssen einen Kreuzzug daraus machen. Dass wir keinen Strom mehr haben, könnte uns dabei sogar von Nutzen sein, die Vormacht der Fürsorge wiederherzustellen und die Bürger dieser Stadt wieder einzig und allein Gottes Händen zu überantworten ― so wie es ehedem gewesen ist.«

Sie schloss für einen Moment die Augen und betete dafür, dass es wieder so sein möge wie früher. Dass es wieder einen Fleischbaron gäbe, der die Fürsorge, den Großbischof und seinen Gott achtete. Wenn ein frommer Mann über die Herden der Auserwählten wachen würde, wäre alles anders. Doch eine Frage bereitete ihr immer noch Sorgen.

»Wie kann es möglich sein, dass Berichte aus dem Archiv entwendet werden? Ich habe nie zuvor davon gehört, dass so etwas geschehen ist. Sie etwa?«

»Nun«, der Großbischof ließ ihre Hand los und massierte sich den Nacken. »Da es ganz danach aussieht, als wäre heute der Tag an dem Verborgenes ans Licht kommt, werde ich es dir erzählen. Soweit ich es weiß, ist das nur einmal passiert. Niemand weiß, welcher Bericht entwendet wurde ―es war bloß ein Gerücht. Aber wie dir klar sein dürfte, ist die einzige Person, die in der Lage wäre, einen Bericht zu entwenden und verschwinden zu lassen, ein Pastor. Vor langer Zeit gab es so einen Pastor. Er war schon alt, als ich noch Novize war. Sein Name lautete Shenandoah Pilkins.«

»Was geschah mit ihm?«

»Er verschwand.«

»Wohin? Und warum?«

»Das weiß niemand so genau. Er hat wie du versucht, et
was herauszufinden. Mit dem, was er entdeckte, ist er nicht fertig geworden. Er hätte mit dem damaligen Großbischof sprechen sollen, aber das tat er nicht. Stattdessen floh er ins verfallene Viertel, um sein Leben fortan außerhalb der Obhut Gottes und ohne die Segnungen des Buches des Gebens zu führen. Soweit es mir bekannt ist, starb er dort draußen. Niemand hat ihn jemals wieder gesehen.«

»Glaubst du, er könnte den Bericht gestohlen haben, nach dem ich suche?«

»Nur das ergibt einen Sinn.«

»Aber wir werden nie erfahren, welcher Vorgang es war?«

»Nein. Ich wüsste nicht, wie wir es je erfahren sollten.« Pastorin Mary Simonson ergriff seine Hand und drückte sie mit der letzten Kraft, die ihr geblieben war.

»Sie müssen Shanti finden. Bringen Sie ihn her. Finden Sie ihn und sorgen Sie dafür, dass er keinen Ärger macht. Lassen sie ihn nicht entkommen wie Collins.«

»Ich werde tun, was ich kann.«

 

Nach Luft schnappend, stand Magnus über Barney Bernards Körper. Er hatte den Mann nicht der üblichen Prozedur unterzogen. Sein Körper war nicht der eines Auserwählten. Wie auch immer: Er war tot.

Magnus hatte Bernard von Bruno angurten lassen, ohne ihn vorher unterzutauchen. Während Bruno die Männer der Nachtschicht einsammelte, die das Feuer und die Explosionen überlebt hatten, lief Magnus, mit jeder Sekunde wütender werdend, auf und ab und führte Selbstgespräche.

»Keiner dieser Pisser hört mir zu. Niemand hat noch Respekt vor mir. Vor mir, Magnus,
dem
Magnus.
Ich
bin Magnus.
Ich
bin die verdammte Stadt.
Ich
bin es. Nicht die beschissene Fürsorge. Nicht die beschissenen Arbeiter.

Nicht die beschissenen Auserwählten. Abyrne ist meine Stadt. Ich bin die Stadt. Diese Scheißstadt gehört jetzt mir. Verdammte Scheiße. Ich scheiße auf das Buch des Gebens. Ich scheiße auf den Abdominalpsalter. Ich scheiße auf diesen Wichser Bisch und seine tuntigen Pisspastoren.«

Ihm stand der Schweiß auf der Stirn. Im verzweifelten Versuch, seines Zorns Herr zu werden und einen klaren Gedanken zu fassen, schüttelte er den Kopf, als wollte er die Bilder der Bedrohung aus seinem Hirn schütteln. Sein Bart und sein Haar schleuderten saure Schweißtröpfchen umher.

Gefolgt von Bruno und zwei anderen Wachen stolperten die aneinandergefesselten Männer der Nachtschicht ungeschickt die Treppe herunter. Als sie sahen, in welcher Verfassung Magnus sich befand, drückten sie sich ängstlich gegen die Wand. Magnus griff einen Kehlkopfspalter von der Werkbank. In seiner fleischigen Faust wirkte er geradezu winzig, kaum größer als ein Skalpell.

»Tuntige Pisspastoren. Tuntige Pissarbeiter.« Er schüttelte das Messer vor ihren Gesichtern. »Dieser ganze Ort ist nichts als eine tuntige Pissstadt. Und ihr ...« Er deutete auf jeden einzelnen von ihnen. »Ihr verfickter, fauler, nutzloser Drückebergerabschaum seid von allen die Schlimmsten.«

Er stieß das Skalpell dem Mann, der ihm am nächsten stand, ins Auge. Der Schrei erfüllte den Kellerraum. Die anderen Arbeiter wurden bleich. Bernards Urin plätscherte lautstark von dem Block, auf den Bruno ihn geschnallt hatte. Der verwundete Arbeiter versuchte mit der Hand das Gallert in der blutenden Höhle zu halten. Je mehr er seine Verletzung begriff, desto lauter schrie er. Er hatte Knochen krachen gehört. Magnus hatte nicht nur den Augapfel, sondern auch den Augenhöhlenboden durchstoßen. Wie unschwer zu hören war, lebte der Mann noch ― im Bewusstsein, dass Magnus ihm das Messer bis ins Hirn gerammt hatte.

»HALT'S MAUL!«, brüllte Magnus. »HALT'S MAUL, HALT'S MAUL, HALT'S MAUL!«

Wieder und wieder stieß er das Skalpell in das Gesicht des Mannes, bis dieser zu Boden sank und seinen Nebenmann mitriss. Er schrie immer noch. Letztendlich war die Klinge zu klein, um ausreichend Schaden anzurichten und ihn zu töten. Aber sie war scharf und widerstandsfähig genug, um ihm tiefe Wunden und außerordentliche Schmerzen zuzufügen.

»HALT'S MAUL. HALT'S MAUL!«

Magnus zielte mit seinen Stößen auf den Hals des Mannes, und es dauerte nur Sekunden, bis er ihm die richtigen Verletzungen zugefügt hatte.

Durch die schaumigen, roten Blasen rang der Mann nach Worten.

»Bitte hören Sie auf damit. Sie bringen mich um.«

Aber Magnus stieß nur noch schneller und heftiger auf ihn ein. Jedes Mal, wenn der Mann versuchte, ihn abzuwehren, zielte er zwischen seinen Armen und Fingern hindurch. Er machte auch noch weiter, als der Mann längst aufgehört hatte, um Gnade zu winseln und sich zu bewegen. Derweil spuckte sein Mund ununterbrochen seine Wut und Frustration aus:

»Nutzlos, nutzlos, nutzlos. Sieh dich doch an. Du bist es nicht einmal wert, dich zu Fleisch zu verarbeiten! Ich hätte Weiber anheuern können, die den Job besser erledigt hätten als du. Ich werde nicht zulassen, dass diese Stadt den Bach runter geht. Ich werde nicht erlauben, dass diese ... diese Missgeburt mir das antut. Ich bin Magnus. Ich bin der verdammte Fleischbaron. Ich habe hier, verdammt nochmal, das Sagen!«

Er ließ das Skalpell im anderen Auge des Mannes stecken und richtete sich auf. Von der Werkbank griff er sich
das schwerste Fleischerbeil und wog es in der Hand. Dann baute er sich vor der Reihe gefesselter Arbeiter auf.

»Wie lautete der Name dieses Mannes?«

Niemand wagte es, zu sprechen.

»Bruno? Sein Name, bitte.«

»Ähm, das müsste ... Lee müsste das sein, Sir.«

»Aha? Nun, Lee hatte es noch gut.« Er schlenderte herüber zu dem Block auf dem Bernard lag. Der Mann wand sich unter den Ledergurten, während sein Darm sich lautstark entleerte. »Also unser Bernard hier hatte die Verantwortung für das Gaswerk, als es gestern Nacht überfallen und zerstört wurde. Es ist gut möglich, dass die Stadt aufgrund seiner Unfähigkeit für viele Jahre keine Elektrizität mehr haben wird. Womöglich wird es uns nie wieder gelingen, die Anlage zu reparieren. Und sämtliches Gas, das wir für den Betrieb der Lkws, der Produktionstraße bei MFP und vieles mehr gelagert haben, ist ebenfalls verloren. Wir haben keinerlei Reserven mehr. Und das ist Bernards Fehler. Laut Fürsorge ist ein derartiger Verstoß Anlass für die sofortige Aberkennung des Status. Aber da scheiße ich drauf. Ich scheiße auf die Fürsorge. Dieser Mann ist nicht gut genug, meine Stadt zu ernähren. Um nichts in der Welt würde ich ein Stück Fleisch anfassen, das einmal an seinen dreckigen Knochen hing. Und das wird auch sonst niemand. Denn ich ...«

Er hob das Beil über seinen Kopf und ließ es herabsausen.

»TOLERIERE.«

Er hob es erneut, blutig, und schlug zu.

BOOK: Meat
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