| Er schläft! So recht, ihr luft’gen zarten Jungen!
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| Ihr habt ihn treulich eingesungen!
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| Für dies Konzert bin ich in eurer Schuld.
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| Du bist noch nicht der Mann, den Teufel festzuhalten!
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1510
| Umgaukelt ihn mit süßen Traumgestalten,
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| Versenkt ihn in ein Meer des Wahns;
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| Doch dieser Schwelle Zauber zu zerspalten,
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| Bedarf ich eines Rattenzahns.
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| Nicht lange brauch’ ich zu beschwören,
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| Schon raschelt eine hier und wird sogleich mich hören.
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| Der Herr der Ratten und der Mäuse,
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| Der Fliegen, Frösche, Wanzen, Läuse
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| Befiehlt dir, dich hervorzuwagen
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| Und diese Schwelle zu benagen,
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1520
| Sowie er sie mit Öl betupft—
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| Da kommst du schon hervorgehupft!
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| Nur frisch ans Werk! Die Spitze, die mich bannte,
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| Sie sitzt ganz vornen an der Kante.
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| Noch einen Biß, so ist’s geschehn.—
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| Nun, Fauste, träume fort, bis wir uns wiedersehn.
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| So gefällst du mir.
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| Wir werden, hoff’ ich, uns vertragen!
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| Denn dir die Grillen zu verjagen,
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| Bin ich als edler Junker hier,
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| In rotem, goldverbrämtem Kleide,
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| Das Mäntelchen von starrer Seide,
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| Die Hahnenfeder auf dem Hut,
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| Mit einem langen spitzen Degen,
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1540
| Und rate nun dir, kurz und gut,
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| Dergleichen gleichfalls anzulegen;
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| Damit du, losgebunden, frei,
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| Erfahrest, was das Leben sei.
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| In jedem Kleide werd’ ich wohl die Pein
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| Des engen Erdelebens fühlen.
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| Ich bin zu alt, um nur zu spielen,
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| Zu jung, um ohne Wunsch zu sein.
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| Was kann die Welt mir wohl gewähren?
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| Entbehren sollst du! sollst entbehren!
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1550
| Das ist der ewige Gesang,
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| Der jedem an die Ohren klingt,
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| Den, unser ganzes Leben lang,
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| Uns heiser jede Stunde singt.
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| Nur mit Entsetzen wach’ ich morgens auf,
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| Ich möchte bittre Tränen weinen,
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| Den Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf
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| Nicht Einen Wunsch erfüllen wird, nicht Einen,
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| Der selbst die Ahnung jeder Lust
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| Mit eigensinnigem Krittel mindert,
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1560
| Die Schöpfung meiner regen Brust
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| Mit tausend Lebensfratzen hindert.
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| Auch muß ich, wenn die Nacht sich niedersenkt,
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| Mich ängstlich auf das Lager strecken;
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| Auch da wird keine Rast geschenkt,
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| Mich werden wilde Träume schrecken.
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| Der Gott, der mir im Busen wohnt,
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| Kann tief mein Innerstes erregen;
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| Der über allen meinen Kräften thront,
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| Er kann nach außen nichts bewegen;
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1570
| Und so ist mir das Dasein eine Last,
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| Der Tod erwünscht, das Leben mir verhaßt.
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| Wenn aus dem schrecklichen Gewühle
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| Ein süß bekannter Ton mich zog,
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| Den Rest von kindlichem Gefühle
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| Mit Anklang froher Zeit betrog,
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| So fluch’ ich allem, was die Seele
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| Mit lock- und Gaukelwerk umspannt,
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| Und sie in diese Trauerhöhle
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1590
| Mit Blend- und Schmeichelkräften bannt!
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| Verflucht voraus die hohe Meinung,
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| Womit der Geist sich selbst umfangt!
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| Verflucht das Blenden der Erscheinung,
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| Die sich an unsre Sinne drängt!
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| Verflucht, was uns in Träumen heuchelt,
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| Des Ruhms, der Namensdauer Trug!
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| Verflucht, was als Besitz uns schmeichelt,
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| Als Weib und Kind, als Knecht and Pflug!
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| Verflucht sei Mammon, wenn mit Schätzen
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1600
| Er uns zu kühnen Taten regt,
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| Wenn er zu müßigem Ergetzen
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| Die Polster uns zurechtelegt!
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| Fluch sei dem Balsamsaft der Trauben!
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| Fluch jener höchsten Liebeshuld!
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| Fluch sei der Hoffnung! Fluch dem Glauben,
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| Und Fluch vor allen der Geduld!
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| Hör auf, mit deinem Gram zu spielen,
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| Der, wie ein Geier, dir am Leben frißt;
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| Die schlechteste Gesellschaft läßt dich fühlen,
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| Daß du ein Mensch mit Menschen bist.
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| Doch so ist’s nicht gemeint,
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1640
| Dich unter das Pack zu stoßen.
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| Ich bin keiner von den Großen;
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| Doch willst du mit mir vereint
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| Deine Schritte durchs Leben nehmen,
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| So will ich mich gern bequemen,
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| Dein zu sein, auf der Stelle.
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| Ich bin dein Geselle,
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| Und mach’ ich dir’s recht,
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| Bin ich dein Diener, bin dein Knecht!
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1660
| Das Drüben kann mich wenig kümmern;
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| Schlägst du erst diese Welt zu Trümmern,
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| Die andre mag darnach entstehn.
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| Aus dieser Erde quillen meine Freuden,
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| Und diese Sonne scheinet meinen Leiden;
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| Kann ich mich erst von ihnen scheiden,
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| Dann mag, was will und kann, geschehn.
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| Davon will ich nichts weiter hören,
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| Ob man auch künftig haßt und liebt,
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| Und ob es auch in jenen Sphären
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1670
| Ein Oben oder Unten gibt.
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| Was willst du armer Teufel geben?
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| Ward eines Menschen Geist, in seinem hohen Streben,
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| Von deinesgleichen je gefaßt?
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| Doch hast du Speise, die nicht sättigt, hast
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| Du rotes Gold, das ohne Rast,
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1680
| Quecksilber gleich, dir in der Hand zerrinnt,
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| Ein Spiel, bei dem man nie gewinnt,
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| Ein Mädchen, das an meiner Brust
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| Mit Äugeln schon dem Nachbar sich verbindet,
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| Der Ehre schöne Götterlust,
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| Die, wie ein Meteor, verschwindet?
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| Zeig mir die Frucht, die fault, eh’ man sie bricht,
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| Und Bäume, die sich täglich neu begrünen!
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